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Rezension: Thomas Hauser „Brutal Artistry“

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Thomas Hauser ist einer der ganz Großen des Boxjournalismus. In relativ regelmäßigen Abständen veröffentlicht er Bücher über Boxen. Er hat das ultimative Buch über Muhammad Ali geschrieben: „Muhammad Ali: His Life and Times“, das auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Ein Buch von Hauser zu kaufen, ist eine sichere Sache. Man bekommt guten bis exzellenten Boxjournalismus, und so ist es auch bei „Brutal Artistry“.
Auch wenn es um ein so wichtiges Kulturgut geht, wie Bücher unter die Menschen bringen, so sind Buchverlage doch in erster Linie profitorientierte Firmen. So haben Verlage die Unart entwickelt, bei kommerziell erfolgreichen Autoren, besonders wenn sie Kurzgeschichten, Abhandlungen oder Artikel veröffentlichen, die Anzahl der Buchveröffentlichungen künstlich zu erhöhen. Teile aus mehreren schon veröffentlichten Büchern werden dann schon mal zu einem neuen zusammengestellt. Genau das ist auch bei „Brutal Artistry“ der Fall.
Hausers Buch ist dementsprechend sowohl ein Quell der Freude als auch ein richtiges Ärgernis. Wer „Muhammad Ali: His Life and Times“ schon gelesen hat, kann gut ein Drittel der versammelten Artikel überblättern. Und wer „A Beautyful Sickness“ und „A Year at the Fights“ auch hat, findet in dem hier zu besprechenden Buch buchstäblich nichts Neues.
Hauser versammelt in diesem Buch Artikel u. a. über Muhammad Ali, Henry Cooper, George Foreman, Audley Harrison, Evander Holyfield, Bernard Hopkins, Ray Leonard, Lennox Lewis, Shane Mosley und ganz viel über Mike Tyson. Einige der Artikel sind einfach phantastisch, wie der über die Niederlage von Naseem Hamed gegen Marco Antonio Barrera (am 07.04.2001) und von Michael Grants gegen Lennox Lewis (29.04.2000).
Am Ende bleibt ein zwiespältiges Gefühl. Alle drei Bücher von Hauser zu kaufen, wäre in, meinen Augen, eigentlich besser. Kennt man sie aber noch nicht alle und es fällt einem „Brutal Artistry“ in die Finger, dann sollte man zugreifen und sei es allein aus dem Grund, dass es ein Buch von Thomas Hauser ist.
© Uwe Betker

Über „Richtig bumm!“

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„Der Spiegel“ brachte dieses Jahr in Nr. 46 einen Artikel, „Richtig bumm!“, der einerseits ein Vorbericht zur WM von Manuel Charr war und andererseits eine pessimistische Situationsbeschreibung des Profiboxens in Deutschland gab. Es wurde festgestellt: Die ganz großen Zeiten des Profiboxens mit Henry Maske und Axel Schulz sind vorbei.
Die Autoren Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schreiben: „Es werden Kämpfe vorher abgesprochen, Ringrichter manipuliert. Und immer wieder kommt es zu Fights, die jegliches Niveau vermissen lassen.“ Als Leser erwartet man nun, dass hier Beispiele und Beweise für diese Behauptungen vorgelegt werden. Die aber kommen nicht. Das ist schon sehr erstaunlich, denn einer der beiden Autoren, Müller-Michaelis, ist seit Jahren tief in der Boxszene verwurzelt. Jahrelang war er für den Boxveranstalter Ahmet Öner tätig und ist heute Supervisor des Weltverbandes WBC. Er wäre also durchaus interessant von ihm als Insider Namen und Fakten zu erfahren. Die liefert er aber leider nicht, sondern formuliert lediglich pauschal Vorwürfe, die die Vorurteile gegenüber dem Profiboxen bestätigen.
Um die These vom Niedergang des Boxens zu untermauern, versteigen sich die beiden Autoren zu der Behauptung: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“ Nun weiß ich zwar nicht, was „hochjazzen“ sein soll, aber ich kenne Sven Ottke und Markus Beyer. Und ich finde dass, wer die als Durchschnittsboxer ansieht, der hat sehr-sehr hohe Ansprüche – so hohe Ansprüche, dass er auch sagen müsste, dass die deutschen Fußballnationalmannschaften, die in den WM Turnieren 1954, 1974, 1990 und 2014 antraten, Durchschnittsmannschaften waren. Zur Erinnerung: Sven Ottke war von 1998 bis 2004 Weltmeister im Super Mittelgewicht des Verbandes IBF und von 2003 bis 2004 auch noch für den Verband WBA. Er trat auch ungeschlagen als Weltmeister ab. Markus Beyer war 2000 Weltmeister im Mittelgewicht nach Version WBC, dann, von 2003 bis 2006, Weltmeister im Super Mittelgewicht nach Version WBC. Durchschnittsboxer? Hochgejazzt?
Im weiteren Verlauf des Textes reiten die Autoren immer mehr auf dem Niedergang des Boxens rum. Sie machen Vincent Feigenbutz und Leon Bauer als Talente aus und erwähnen auch immer wieder Manuel Charr. Da liest man z.B. etwas über die Sonnenbrille des Managers Rainer Gottwald und, dass er Kontakt hat zum Sohn von Gaddafi – was immer das auch über das Boxen in Deutschland aussagen soll. Und immer wieder liest man etwas über Manuel Charr. Nun meine ich bei der WM von Charr in Oberhausen allerdings auch gehört zu haben, dass Malte Müller-Michaelis, einer der Autoren, dort als Technischer Leiter fungiert hat.
© Uwe Betker

Rezension: „Friday Night World“ von Roger Zotti

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Das Buch „Friday Night World“ von Roger Zotti trägt den Untertitel „A Tribute to Fighters of the 1950s“. Es ist ein seltsames, nur 130 Seiten langes, kurzweiliges Buch. Es handelt von Helden aus der Kindheit des Autors, also von US-Boxern der 50er Jahre. Es handelt aber auch vom Aufwachsen in New Haven und der Auseinandersetzung und Identifikation mit Boxern. Und es handelt von den „Friday Night Fights“, TV-Übertragungen von Boxkämpfen. Diese „Freitagabendkämpfe“ waren Vorbild für alle TV-Übertragungen, die später kamen. Letztlich bilden sie immer noch den Maßstab, der heute nur sehr selten erreicht wird. – Vielen Boxfans sind noch heute Herausforderer aus den 50er Jahren geläufig. Viele der heutigen Weltmeister kennen die gleichen Fans aber nicht. Das hat nun keineswegs mit verklärender Nostalgie etwas zu tun, sondern einfach mit der Qualität der Kämpfe von damals.
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Im ersten stellt Zotti seine Lieblinsboxer vor: Jake LaMotta, Gaspar „Indio“ Ortega, Carmen Basilio, Tony DeMarco, Joe Giradello, Wes Bascom, Sugar Ray Robinson, Irish Bob Murphy, Rex Layne, Bob Baker, Clarence Henty, Bob Satterfield, Rocky Castellani, Rocky Marciano, Kid Gavilan, Gil Turner, Chico Veja, Johnny Bratton, Gene Fullmer, Joey Maxim und Walter Cartier. Es werden Kämpfe beschrieben, Anekdoten erzählt, Biographien angerissen und es werden deren Einschätzungen durch Zottis Verwandte und Freunde wiedergegeben.
Im zweiten Teil geht Zotti auf zehn Autoren und ihre Bücher ein. Hierbei konzentriert er sich wieder auf die Boxer aus den 50er Jahren, deren Kämpfe und Geschichten.
Der dritte und letzte Teil ist sehr viel kürzer als die vorangehenden und könnte kurz zusammengefasst werden unter dem Begriff: Vermischtes.
„Friday Night World“ von Roger Zotti ist aufgrund seiner Struktur ein etwas seltsames Buch. Aber Roger Zotti kann schreiben, und er ist ein Boxexperte. Er schreibt regelmäßig für das „International Boxing Research Organization Journal“. Vor allem aber ist das Buch kurzweilig – und es macht Spaß.
(C) Uwe Betker

Rezension: Boxing in the Los Angeles Area: 1880-2005 von Tracy Callis und Chuck Johnston

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Los Angeles und seine Umgebung ist eines der großen Boxzentren der USA. Hier gibt es nicht nur viele Boxveranstaltungen. Aus Los Angeles und Umgebung kommen auch solche Boxer wie Jim Jeffries, Solomon “Solly” Smith, “Mexican” Joe Rivers, Bert Colima, Fidel La Barba, Ace Hudkins, Jimmy McLarnin, Henry Armstrong, Enrique Bolanos, Art Aragon, Bobby Chacon, Danny “Little Red” Lopez, Armando Muniz, Oscar De La Hoya, “Sugar” Shane Mosley und Armando “Mando” Ramos, einer meiner absoluten Lieblingsboxer.
Andere Boxer, die nicht in Los Angeles und Umgebung lebten aber beliebt bei den Fans waren, boxten hier immer wieder. Unter ihnen Tommy Burns, George Godfrey, Alberto “Baby” Arizmendi, Ricardo “Pajarito” Moreno, Jose Becerra, Raymundo “Battling” Torres, Jose Napoles, Carlos Zarate, Jose “Pipino” Cuevas, Julio Cesar Chavez und Ruben Olivares, auch einer meiner Lieblingsboxer.
Große Weltmeisterschaftskämpfe wie der von Tommy Burns gegen Marvin Hart (im Schwergewicht 1906) oder Ad Wolgast gegen “Mexican” Joe Rivers (im Leichtgewicht 1912) fanden hier statt. Und die beiden Local Heroes „Sugar“ Shane Mosley und Oscar De La Hoya kämpften in Los Angeles 2000 um den Weltergewichtstitel. Kaum ein Großer des Boxens hat nicht irgendwann an diesem Ort geboxt.
Boxing in the Los Angeles Area 1880-2005 ist ein Geschichts-/Geschichtenbuch und gleichzeitig ein Bilderbuch. Auf nahezu allen seinen 155 Seiten finden sich drei bis vier Fotos, Kampfplakate, Tickets, Zeitungsausschnitte oder sonstige Abbildungen. Das Buch hat sieben Kapitel, von denen jedes eine Epoche abdeckt. Es ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest. Es ist vielmehr ein Buch, das einlädt zum Blättern, zum Schauen und zum kapitelweisen Lesen.
Die beiden Autoren Tracy Callis und Chuck Johnston sind ausgewiesene Boxhistoriker. Callis beschäftigt sich bereits seit 45 Jahren mit der Geschichte des Boxens. Er ist Mitglied der International Boxing Research Organization, maßgebliches Mitglied für die historischen Forschungen der Website “The Cyber Boxing Zone”, die ich nur ausdrücklich empfehlen kann, und Juror der International Boxing Hall of Fame. Auch Johnston ist Mitglied der International Boxing Research Organization und einer der beiden Herausgeber der Website “Boxing Records Web”.
Boxing in the Los Angeles Area: 1880-2005 gehört in jede gute Bibliothek für Boxbücher.
© Uwe Betker

Rezension: „The Hurt Business“ von George Kimball und John Schulian

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Sind sie gut, dann finden sich in Sammlungen von Artikeln über Boxen immer die gleichen Autoren. Da sind einmal die Klassiker: unter anderem Jack London, W.C. Heinz, John Lardener, A.J. Liebing, George Plimpton, Norman Mailer, Leonard Gardener, Budd Schulberg, Thomas Hauser, Joyce Caroll Oates … – alles Autoren, auf die man eben in gut sortierten Bibliotheken von Boxbüchern so stößt. Natürlich sind sie auch in dem Reader von George Kimball und John Schulian zu finden.
Gleichwohl stellt die Sammlung „The Hurt Business“ auch für den gut sortierten Bibliotheksbesitzer eine Bereicherung dar. Erstmal gefällt mir, dass jedem Artikel eine kurze, durchaus instruktive, biographische Notiz zum Autor vorangestellt ist. Dann sind in diesem Buch aber auch noch außerordentlich lesenswerte Artikel von „Edelfedern“ us-amerikanischer Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, die sich nicht so häufig mit dem Profiboxen beschäftigt haben. Wir haben hier also Reportagen, die sich in besagten Bibliotheken sonst eben nicht finden. Insgesamt enthält das Buch 50 Reportagen.
Es fällt dabei auf, dass diese „Edelfedern“ nicht nur exzellent schreiben können, sondern sie verfügen tatsächlich auch über ein großes Fachwissen. Ein Mehr an solchem Fachwissen würde man auch Redakteuren deutscher Zeitschriften wünschen. Auch kann man wieder einmal feststellen, dass es im englischen und us-amerikanischen Journalismus eine Form der Berichterstattung übers Profiboxen gibt, die Hierzulande kaum oder gar nicht gepflegt wird. Was es dafür nämlich einfach braucht, ist: Fachwissen, guter Stil, Sympathie und gleichzeitig Distanz zum Gegenstand, die Fähigkeit, eine eigene Meinung auszudrücken, sowie die Fähigkeit und der Wille zur Kritik.
Am meisten hat mich ein Artikel von James Baldwin (The Fight: Liston vs. Patterson) überrascht, zum einen, weil Baldwin definitiv noch nie ein Lieblingsschriftsteller von mir war und zum anderen, weil er auch sicher kein Boxfachmann ist. Dennoch fand ich den Baldwin-Artikel über Floyd Patterson und Sonny Liston absolut großartig geschrieben. – Was ich sagen will: Das Buch ist ganz besonders lesenswert und eine Bereicherung für jede Bibliothek.
(C) Uwe Betker