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Ein Besuch in einer der schönsten Kampfarenen Deutschlands
Direkt gegenüber dem Schloss Borbeck wurde am 02. August 1950 in Essen Borbeck die Dubois-Arena als Box-Arena eröffnet. Benannt ist sie nach dem Gründer und ersten Präsidenten des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), Ernst Dubois (1900–1957). In der Hochzeit des Boxens, nach dem letzten Weltkrieg, besuchten bis zu 25.000 Zuschauer die Veranstaltungen mit Amateur- und Profiboxkämpfen. Am 01. Mai 1957 boxte der große Archie Moore gegen den Deutschen Meister im Schwergewicht Hans Kalbfell. Es war Moores 191ter Kampf und er war bereits 43 Jahre alt. Aber seine unsterblichen Ringschlachten gegen Yvonne Durelle und sein Kampf gegen Muhammad Ali lagen noch vor ihm. Max Schmeling fungierte in Essen als Ringrichter. Moore ging ohne Mühe über die angesetzten zehn Runden und gewann leicht nach Punkten.
Die Veranstaltung am 11. September 2021, über die hier berichtet wird, wurde auch von den Trainerlegenden Ulli Wegner und Georg Bramowski besucht.
Es begann mit drei Kämpfen, in denen Boxer ihre Profidebüts gaben. In dem ersten traf Zvezdan Vasic (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) auf den rumänischen Debütanten Claudio Dinu Lupo im Super Leichtgewicht. Das Kräftemessen war kurz und knackig. Bereits nach wenigen Sekunden holte Vasic sein Gegenüber mit einem rechten Kopfhaken von den Beinen. Auf dem Boden sitzend wurde Dinu Lupo vom GBA Ringrichter Cornelius Bernds ausgezählt.
Sieger durch KO nach 45 Sekunden: Zvezdan Vasic.
Im zweiten Kampf trafen zwei Debütanten, Flamur Haxha und Majed Maaruf, im Halbschwergewicht aufeinander. Der Auftritt von Maaruf war dabei allerdings mehr ein Beispiel dafür, wie ein Profidebüt nicht abzulaufen hat, bzw. wer nicht Profiboxer werden sollte. Von der ersten Sekunde an machte er Faxen, schlug sich martialisch auf die Brust, ließ die Deckung runter und wechselte die Auslage. Boxen aber, tat er nicht. Entweder er machte Faxen oder er schlug weite langsame Schwinger oder er versteckte sich hinter etwas, was er wohl für eine Doppeldeckung hielt. Haxha ließ sich dagegen nicht beirren, stiefelte seinem Gegner hinterher und stellte ihn immer wieder in den Ecken, wo er ihn eindeckte. In der zweiten Runde kam dann das unvermeidliche Ende für Maaruf. Nachdem er viele Körpertreffer genommen hatte, nahm er nun auch Schläge zum Kopf. In der Ecke von Haxha ging er das erste Mal zu Boden. Seine Ecke, überfordert wie er selbst, versäumte es, ihm eine weitere unnötige Bestrafung zu ersparen und ein Handtuch zu werfen. Stattdessen stellte sich Maaruf wieder dem Kampf und nahm mehrere harte Schläge zum Kopf. Auf dem Boden sitzend, hilflos versuchend aufzustehen wurde er von Ringrichter Bernds ausgezählt. Nachdem er eine Weile im Ring gesessen hatte, wollte er dann den Kampf fortsetzen. Er hatte offensichtlich nicht mitbekommen, dass er KO geschlagen worden war. Man kann Maaruf nur wünschen, nie wieder der Versuchung zu erliegen, in einen Boxring zu steigen.
Sieger durch KO in Runde 2 nach 1:14 Minuten: Flamur Haxha.
Im dritten Kampf maßen Eduard Müller (2 Kämpfe, 2 Siege 2 durch KO) und Benjamin Alijan im Weltergewicht ihre Kräfte. Müller, der Lokalmatador, ließ dem Debütanten Alijan keine Chance. Bereits in seiner ersten Aktion erschütterte er seinen Gegner mit einer Rechten zum Kopf. Kurze Zeit später fällte dann eine Rechts-Links-Kombination zum Kopf Alijan endgültig. Auf dem Boden sitzend wurde er ausgezählt.
Sieger durch KO in Runde 1 nach 1:14 Minuten: Eduard Müller.
Im vierten Kampf trafen im Super Mittelgewicht Yasir Malik (5 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO) und Lars Burry (13 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch K0, 7 Niederlagen, 6 durch KO) für einen Sechsrunder aufeinander. Malik, der über ein Jahr nicht geboxt hatte, machte den Kampf. Er trieb Burry vor sich her. Immer wieder ging er zum Körper. Burry hielt dagegen. In der zweiten Runde gingen beide ein höheres Tempo. Malik bearbeitete weiter den Körper und brachte Burry mit Körpertreffer auch zu Boden. Der kam zwar nochmal wieder hoch, aber zu langsam. Ringsrichter Bernds zählte ihn aus.
Sieger durch KO in Runde 2, nach 2:15 Minuten: Yasir Malik.
Auch für den folgenden Kampf stieg ein Lokalmatador in den Ring, Tim Vößing (6 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO). Er boxte gegen Muhammadjon Hajotof (4 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Es war ein Kräftemessen im Cruisergewicht und es war auch sechs Runden lang ein Kräftemesse. Vößing hatte seine besten Momente, wenn er lang boxte, Hajotof bei Schlagabtauschen. Es war schlicht ein Kampf, der von Runde zu Runde verbissener und härter geführt wurde. Mit zunehmender Dauer verloren sich die boxerischen Linien und es wurde zu einer hin und her wogenden Ringschlacht. Am Ende der sechs Runden stand eine denkbar knappe Punktrichterentscheidung, die bei dem Verlierer auf Unverständnis stieß
Punktsieger durch Mehrheitsentscheidung (56:57, 59:58 und 57:56): Tim Vößing.
Als nächstes gab es einen Sechsrunder im Mittelgewicht. Ali El Said (11 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 2 Unentschieden) boxte gegen Armani Aziz (11 Kämpfe, 1 Sieg, 9 Niederlagen, 1 Unentschieden). Azis zeigte schönes grades, aber variables Boxen. Dabei nutzte er auch seinen Reichweitenvorteil. El Said versuchte, sich an seinen Gegner heranzuschieben, um dann am Mann zu explodieren. Der Kampf war äußerst kurzweilig. Die erste Runde dominierte Azis durch seine saubere Technik und seine variableren Kombinationen. In der folgenden Runde brachte El Said mehr Hände ins Ziel, auch weil er den Druck erhöhte. In der dritten punktete Aziz schön mit Körpertreffern. In der Vierten fing er an, die Auslage zu wechseln und kleine Showeinlagen einzustreuen. Die beiden letzten Runden wurde der Kampf immer verbissener und härter geführt.
Punktsieger durch Mehrheitsentscheidung (58:56, 59:57 und 58:58): Ali El Said. Den Kampf habe ich so nicht gesehen. Ich hätte Armani Aziz zumindest ein Unentschieden gegeben.
Hiernach boxten wieder zwei Debütanten gegeneinander, Aschaf Ziane und Dwight Kelschebach. Selten gab es in der letzten Zeit einen technisch so guten und ausgeglichenen Kampf von Debütanten. Leider konnte Kelschebach nicht zur dritten Runde der Mittelgewichtsbegegnung antreten. Er hatte sich das rechte Handgelenk verletzt.
Sieger durch TKO in Runde 3: Aschaf Ziane.
Auch im achten Kampf des Abends trafen im Cruisergewicht Jefferson Sosa (3 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO) und Dusco Vujicic (9 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 6 Niederlagen, 6 durch KO) aufeinander. Sosa nutzte den Kampf für eine Art Schaulaufen. Er war in allen Belangen seinem Gegner überlegen. Er spielte mit ihm nach Belieben. Mehrfach ließ er von ihm ab, wenn er die Gefahr sah, sein Gegner könnte zu früh KO gehen. Nach der dritten Runde, in der Vujicic Konditionsprobleme bekam, machte Soza dann Ernst. Er ließ ihn, nachdem er ihn in einer neutralen Ecke gestellt und mit einer Links-Rechts-Kombination zum Kopf erschüttert hatte, nicht wieder raus. Vielmehr holte er ihn mit einem brutal harten Körperhaken runter. Vujicicw Ecke warf das Handtuch
Sieger durch TKO in Runde 4, nach 1:50: Jefferson Sosa.
Vor dem letzten Kampf setzte Nieselregen ein. Dadurch schien dem Gegner von dem Essener Schwergewichtler Patrick Korte (18 Kämpfe, 17 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), Zaal Kvezereli (6 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO), die Lust am Boxen vergangen zu sein. Der Georgier verdiente jedenfalls nicht einen einzigen Cent seiner Börse, was man aber vorher nicht ahnen konnte. Kvezereli lief von Anfang an weg, markierte eine Verletzung – kurz, er zeigte ein unwürdiges Verhalten. Nach ein paar Treffern flog dann ein Handtuch in den Ring. Das Verhalten von Zaal Kvezereli war eine Schande. Schade, dass Korte die Möglichkeit zu boxen kaputt gemacht worden war.
Sieger durch TKO in Runde 1, nach 2:40 Minuten: Patrick Korte.
Es ist großartig, dass die schöne Dubois-Arena wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt wird. Hoffentlich gibt es dort bald wieder Boxen zu sehen.
© Uwe Betker
Rezension: „Boxing’s Strangest Fights“ von Graeme Kent
Graeme Kent ist ein Autor, der schon jede Menge Bücher geschrieben hat, darunter auch einige über das Boxen. Sein Buch „Boxing’s Strangest Fights“ erschien zum ersten Mal 1991 und hat mittlerweile schon mehrere Auflagen erlebt. Das Konzept ist so simpel wie genial. Es werden einfach nur Geschichten von seltsamen Boxkämpfen erzählt.
Abgedeckt wird der Zeitraum von 1722 bis 1990, also mehr als 250 Jahre Boxen. Insgesamt werden 102 Geschichten erzählt, die zwischen 1 und 3 Seiten lang sind. „Boxing’s Strangest Fights“ ist also kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest, sondern es ist ein Almanach, in dem man jeden Tag eine kleine Geschichte lesen kann.
Der Schwerpunkte dieser Auswahl liegt auf den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts und auf Groß Britannien. Leider gibt es hier, wie in fast keinem Boxbuch, ein Register, was das Wiederlesen des Buches oder die Recherche schon deutlich vereinfachen würde. Aber die Kämpfe werden in chronologischer Reihenfolge behandelt. Es finden sich im Buch Namen wie: Muhammad Ali, Abe Attell, Max Baer, Tommy Burns, George Carpentier, Marcel Cerdan, Primo Carnera, Jack Dempsey, Roberto Duran, Chris Eubank, Luis Angel Firpo, Bob Fitzsimmons, Jack Johnson, Ingemar Johansson, Harry Grebb, Mitch Green, Jake LaMotta, Joe Louis, Rocky Marciano, Archie Moore, Battling Nelson, Johnny Nelson, Ken Norton, Sandy Sadler, Max Schmeling, John L. Sullivan, Willie Pastrano, Ray Robinson, Mike Tyson, Jimmy Wilde und viele andere.
© Uwe Betker
Ein wahrer Champion braucht keinen Weltmeistergürtel (3)
Pimentel konnte, nachdem seine Sperre endlich aufgehoben worden war, nach Los Angeles zurückkehren, um dort am 06.12.1965 auf einen weiteren harten Brocken zu treffen, Joe Medel aus Mexiko. Pimentel konnte zwar sein Gegenüber früh niederschlagen, ging dann aber selber zweimal in der neunten Runde zu Boden. Die harte Schlussrunde konnte Medel nur mit viel Geschick und Glück durchstehen. „Der Medel-Kampf machte mich erst richtig bekannt. Meine Leute akzeptierten mich von nun an wirklich, obwohl ich durch eine Mehrheitsentscheidung verlor. Obwohl er kein ausgesprochener Puncher war, war er der einzige Gegner in meiner Boxkarriere, der mir wirklich in einem Kampf Schmerzen zufügte. Er war der einzige Boxer, dessen Schläge ich wirklich spürte. Alle Medien gaben mir den Sieg, nur die Punktrichter nicht.“ Diese Entscheidung der Punktrichter ist für ihn bis heute die schmerzhafteste Erinnerung an seine Zeit als Boxer, zumal Medel ihm keinen Rückkampf gab. Das Boxmagazin „The Ring“ kürte den Kampf zum viertbesten des Jahres.
Im folgenden Jahr, 1966, stieg er sechsmal in den Ring und gewann immer durch KO. Unter seinen Opfern waren Boxer, die zur Spitzenklasse zählten: Kackie Burke aus Kanada und der Japaner Katsuo Saito. Beide schlug er KO.
Am 11. Juni 1967 verlor Pimentel wieder einen Kampf. Sein Bezwinger in San Antonio war Yoshio Nakano aus Japan. „Yoshio Nakano – ein schwierig zu boxender Kämpfer. Bis heute weiß oder verstehe ich nicht, wie er mich geschlagen hat. Ich erinnere mich ganz deutlich, wie der Ringrichter, ein sehr ehrenwerter Offizieller, in unsere Ecke kam und meinem Manager sagte, dass er mich klar nach Punkten vorne hat. Und was war? Er war einer derjenigen, die den Kampf Nakano gaben.“
Der nächste Gegner war Mimoun Ben Ali aus Spanien, auf den er am 26.07.1967 traf. Ali war zu diesem Zeitpunkt zum dritten Mal Europameister. Er war von 1958 bis 1962 im Fliegengewicht und von 1963 bis 1967 im Bantamgewicht unter den besten zehn der Welt. In seinen bisherigen 62 Kämpfen war er niemals KO gegangen. Pimentel bezeichnet ihn gerne als seinen zähesten Gegner. Der Kampf wurde verbissen und hart geführt. Pimentel lag nach der achten Runde nach Punkten hinten. In der neunten zählte dann aber die Boxlegende Archie Moore, der als Ringrichter fungierte, Ali aus. Diese Begegnung wurde 1999 zum größten Kampf von San Antonio gewählt.
Mitte 1968 verlor der Boxstern Pimentel Zusehens an Leuchtkraft. Am 14.06.1968 traf er in Los Angeles auf Chucho Castillo, den amtierenden mexikanischen Meister im Bantamgewicht, der zwei Jahre später gegen Ruben Olivares Weltmeister werden sollte. Pimentel unterlag klar nach Punkten. „Chucho kämpfte diese Nacht den Kampf seines Lebens. Er führte einen sehr-sehr cleveren Kampf. Er flog wie eine Fliege und stach wie eine Biene – wie Cassius Clay zu sagen pflegte. Ich persönlich hatte viele Probleme gegen technische Boxer und besonders in dieser Nacht. Chucho Castillo kämpfte gegen mich, wie er es später gegen Ruben Olivares tat. Er war sehr anmutig und clever. Ich ziehe meinen Hut vor ihm.“ Pimentel verschweigt, dass er sich während des Kampfes seine Schlaghand mehrfach brach.
Nach der Niederlage gegen Castillo erwog Pimentel, sein Handwerk dranzugeben, zumal auch Castillo ihm keine Revanche geben wollte. Aber noch immer lockte das große Ziel: die Weltmeisterschaft. Pimentel boxte weiter. Am 10.03.1969 folgte wieder eine Niederlage. Kazuyoshi Kanazawa, der vierte der Weltrangliste „boxte mir die Ohren ab“. In diesem Kampf, der in der Korakuen Hall in Tokio stattfand, musste Pimentel viel einstecken. In der dritten Runde erlitt er eine Cutverletzung an der rechten Augenbraue, in der fünften kam ein weiterer Cut an der anderen Braue hinzu. In der neunten Runde stoppte der Ringrichter den Kampf wegen der stark blutenden Platzwunden.
Nach diesen Niederlagen fing sich Pimentel wieder, und es folgten 15 Siege mit 13 KOs in Folge. Unter seinen Opfern war auch der starke Kanadier Billy McGrandle, den er am 17.12.1969 in der siebten Runde KO schlug („er konnte meine Körpertreffer nicht nehmen“). Dieser Sieg brachte ihm den Titel des nordamerikanischen Meisters ein. „Der Sieg war eine große Befriedigung für mich. Obwohl es nicht der Weltmeistertitel war, hatte ich nun den schönsten Gürtel für meinen Trophäenschrank.“
Den Titel verteidigte er zweimal erfolgreich. Kuniaki Shimad schlug er am 01.07.1970 und Ushiwakamaru Harada am 14.09.1970 KO. Trotz dieser beeindruckenden Siege war Pimentel schon lange nicht mehr der Boxer, der er einst gewesen war. Es war offensichtlich, dass er sich dem Ende seiner Karriere näherte. Nun erst, am Ende seiner Laufbahn als Preisboxer und nach sieben Jahren des Wartens, bekam er schließlich doch noch die Chance, um die Weltmeisterschaft zu boxen.
Sein Gegner am 14.12.1971 in Los Angeles war der große Ruben Olivares. „Ich wollte, als ich gegen Ruben Olivares antrat, nicht meine Karriere mit einer Niederlage beenden, wie die meisten Boxer es tun. Aber als ich gegen Ruben Olivares kämpfte, wusste ich, dass meine Karriere zu Ende ist. Ich spürte die Schläge, denen ich früher so einfach ausweichen konnte. Nun spürte ich sie, und ich konnte ihnen nicht ausweichen.“
Olivares und Pimentel, die hier aufeinander trafen, hatten eine erschreckende KO-Bilanz. Zusammen verbuchten sie 134 KOs. Olivares war jünger, größer und hatte einen Reichweitenvorteil. Pimentel hatte dafür ein Mehr an Erfahrung und das Herz eines wahren Kriegers: Es war eine der großen Ringschlachten der Boxgeschichte.
„Als ich gegen Ruben kämpfte, war ich schon 32 Jahre alt und auf dem absteigenden Ast. Aber ich gab ihm trotzdem eine Hölle an Kampf.“ Die amerikanische „Boxing Illustrated“ schrieb, im Vergleich zu diesem Krieg sei der erste Kampf Ali gegen Frazier ein Langeweiler-Kampf gewesen.
Bereits in der ersten Runde hatten beide Kontrahenten ihren Kampfrhythmus gefunden. Olivares kam immer wieder mit seinen gefürchteten linken Haken durch und konnte Rechts-Links-Rechts-Kombinationen zum Körper und zum Kopf anbringen. Pimentel ließ den Kopf seines Gegenübers immer wieder mit seinem harten Jab zurückschnappen und landete krachende Rechte an den Kopf. Beide gingen ein mörderisches Tempo.
Die zweite Runde folgte diesem Muster, und es war nur eine Frage der Zeit, wann der erste zu Boden gehen würde. Am Ende des dritten Durchgangs zog sich Olivares nach einem Zusammenstoß mit den Köpfen eine große und stark blutende Platzwunde über dem linken Auge zu. Heute würde eine solche Verletzung automatisch zum Abbruch führen. Aber hier führte sie nur dazu, dass sich das Tempo des Kampfes noch verschärfte. Die fünfte Runde war ein einziger Schlagabtausch. Pimentel kam wieder mit einer harten Links-Rechts-Links-Kombination durch, die Olivares beeindruckte. Es folgten ein Jab – ein rechter Haken zum Kinn. Der Weltmeister war schwer angeschlagen. Plötzlich kam dann aber Olivares mit einem rechten Cross durch, und Pimentel ging zu Boden. Er kam wieder hoch und schenkte Olivares in den folgenden Runden nichts. Aber Olivares war auf der Siegerstraße. Systematisch bearbeitete er Körper und Kopf seines Gegners. Lediglich die achte Runde konnte Pimentel noch für sich entscheiden. Als Pimentel am Ende der zehnten Runde in seine Ecke ging, war sein Gesicht verschwollen und sein Körper übersät mit blauen Flecken. „Ich sagte meinem Manager: Harry, ich fühle meine Beine nicht mehr. Er sagte zu mir: Geh raus in die nächste Runde, und wenn du ihn nicht KO haust, stoppe ich den Kampf – was er dann auch tat.“ Pimentel hatte seinen einzigen Titelkampf verloren. Noch im Ring erklärte er seinen Rücktritt vom Boxen.
„Ich bin mir sehr sicher, dass ich Ruben Olivares und Eder Jofre hätte KO schlagen können. Ich wünschte mir, ich hätte früher gegen Ruben kämpfen können. Ich wünschte mir, ich hätte Eder boxen können. Ich hätte ein Champion werden können.“ Selbst Parnassus, der dieses Aufeinandertreffen veranstaltet hatte, sagte nach dem Kampf zur Presse, dass, hätte der Kampf nur zwei Jahre früher stattgefunden, Pimentel wohl durch KO gewonnen hätte. Dieser Kampf war so schwer und kostete auch seinen Sieger soviel Substanz, dass Olivares bereits in seinem nächsten Kampf den Titel wieder verlor.
Nach dem Ende seiner Karriere als Preiskämpfer veranstaltete Pimentel zusammen mit seinem ehemaligen Manager Kabakoff Boxkämpfe in Mexiko. Heute betreibt er eine Firma für Garten- und Landschaftsbau in Northridge/Kalifornien. Dem Boxen ist er immer noch verbunden – als Trainer im Northridge Athletic Club.
Pimentel ist mit seiner Jugendliebe Maria Elena verheiratet („Ich war in meinem ganzen Leben noch nie ein Playboy“). Er hat zwei Söhne, Jesus Jr. und Melville (benannt nach seinem Manager), sowie zwei Töchter Deborah und Esenia.
Obwohl es Jesus Pimentel nicht vergönnt war, einen Weltmeistergürtel zu erringen, so ist er aber doch ein wahrer Champion. In seinem Haus hat er einen Gürtel, der mehr aussagt als einer der protzigen Weltmeistergürtel, die heute so freigiebig verteilt werden. Auf diesem Gürtel steht „The Greatest Knockout Punching Bantamweight In Boxing History“. Er wurde ihm von Nat Fleischer, dem Gründer und Herausgeber des Ring Magazin, der wichtigsten Boxzeitschrift der Welt, überreicht.
© Uwe Betker
Notizen zu Willi Besmanoff (2.)
Es gibt Kampfrekorde, die flößen mir schlicht Ehrfurcht ein. Eventuell liegt es daran, dass ich etwas altmodisch bin, aber es sind nur selten welche von heutigen Boxern. Das hat zum Teil damit zu tun, dass heute Boxer durch die Macht von einflussreichen Veranstaltern sehr viel mehr beschützt werden als Boxer es in früheren Zeiten wurden.
Einer von jenen Kampfrekorden, die mir Ehrfurcht einflößen, ist der von Willi Besmanoff. Der in München geborene (04.10.1932) Besmanoff wurde 1952 im Alter von 19 Jahren Profi. Seinen ersten Kampf (15.08.1952) verlor er direkt durch KO in Runde 4 gegen eine gewissen Heinz Schreiber. Die ersten vier Jahre seinen Karriere boxte er, abgesehen von Abstechern nach Luxemburg und Mailand, ausschließlich in Deutschland. Am Ende dieser ersten vier Jahre standen 48 Kämpfe, 35 Siege, 15 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO, und 7 Unentschieden sowie ein missglückter Versuch, gegen Willi Hoepner (25.11.1955) deutscher Meister im Halbschwergewicht zu werden, in seinem Kampfpass. Heute würden nicht wenige Boxer bei einem solchen Kampfrekord ihre Handschuhe an den Nagel hängen. Aber die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren anders.
Willi Besmanoffs Karriere fing jetzt erst richtig an. Er ging in die USA. Hier boxte er gegen alles, was Rang und Namen hatte zwischen Halbschwergewicht und Schwergewicht: Yvon Durelle (25.09.1957, L 10), Willie Pastrano (27.11.1957, L 10), Archie Moore (02.05.1958, L 10 und 25.05.1960, L TKO 10), Zora Folley (07.04.1959 L 10 und 16.09.1960, L 10), Eddie Machen (16.09.1959, L 10), Sonny Liston (09.12.1959, L TKO 7), Pete Rademacher (13.12.1960, L 10), George Chuvalo (27.06.1961, L TKO 4, 04.04.1973, L TKO 3 und 27.05.1967, L TKO 3), Muhammad Ali (29.11.1961, L TKO 7) und Bob Foster (11.12.1963, L KO 3), um nur die namhaftesten seiner Gegner zu nennen. Schaut man auf die oben aufgeführten Ergebnisse, so kann man sich vorstellen, dass es keine leichte Art war, sein Geld zu verdienen. Am 01.08.1967 bestritt er seinen letzten Kampf. Er stand 15 Jahre als Profi im Ring. Heute lebt er in einem Pflegeheim.
Willi Besmanoff:
93 Kämpfe
51 Siege davon 19 durch KO
34 Niederlagen davon 11 durch KO
8 Unentschieden
688 geboxte Runden
Ich würde gerne sehr viel mehr über ihn wissen.
© Uwe Betker